Kinder und Jugendliche aus staatlichen Einrichtungen haben zwei Probleme, wenn sie in das Alter kommen, das Kinderheim und die Schule verlassen zu müssen: Sie hatten keine Gelegenheit, schrittweise in ihre Eigenständigkeit hineinzuwachsen. Und die Gesellschaft lehnt sie als ehemalige Heimkinder ab.
Soziale Begegnung: Wöchentlich treffen sich alleinstehende Seniorinnen mit Heimkindern zum gegenseitigen Austausch. Foto: Bente Stachowske / Caritas international
Hier setzt die Partnerorganisation Zumrad in der Hauptstadt Dushanbe an. Sie betreut Jugendliche bereits dann, wenn sie in der Klasse der Abgänger sind. Zumrad betreut vor allem jene, die besonders große Schwierigkeiten haben, auf eigenen Beinen zu stehen. 75 Kinder und Jugendliche, darunter viele Waisen, werden so jedes Jahr von Caritas international gefördert. Inzwischen unterstützt das Projekt auch Lehrer/innen beim oft sehr belastenden Umgang mit Heimkindern, etwa durch psychologische Betreuung und durch Fortbildungen bei Lehrmethoden. Dies führt zu deutlich verbesserten Beziehungen zwischen Kindern und Lehrer/innen.
Ausbildung ist ein wichtiger Baustein
Engagierte Sozialarbeiterinnen kümmern sich darum, die Jugendlichen mit notwendigen Dokumenten auszustatten, Kontakt zu Sozialdiensten herzustellen und sie in weiterführende Bildungsmaßnahmen zu vermitteln. Computer- und Nähkurse verbessern ihre Jobaussichten. In Elektrokursen lernen sie, defekte Haushaltsgeräte zu reparieren. Dies alles wäre ohne ehrenamtliche Unterstützung nicht denkbar. Eine Ärztin, eine Rechtanwältin und Lehrer/innen helfen, indem sie die Jugendlichen beraten oder unterrichten. Eine Gruppe ehemaliger Heimkinder engagiert sich als Mentoren, die den Heimabgänger/innen mit Rat und Tat zur Seite stehen oder Sportangebote machen. Da diese Mentor/innen selbst noch recht jung sind, haben sie einen guten Zugang zu den Jugendlichen, die ihre ersten Schritte in ein eigenständiges Leben gehen.
Mit Hilfe von Zumrad absolvieren die Jugendlichen eine fundierte Berufsausbildung, beispielsweise als Klempner, Friseur oder Schneider.Foto: Bente Stachowske / Caritas international
Ehemalige und Sozialarbeiterinnen kümmern sich auch um alleinstehende Mütter und ihre Kinder. Die meist jungen Mütter haben ebenfalls früher im Heim gelebt. Sie werden in wöchentlichen Treffen darin gestärkt, mit ihren Alltagsproblemen und Fragen der Erziehung umzugehen.
Kompetente Familienberatung
Wenn möglich, wird auch versucht, Kontakte zwischen den Jugendlichen und deren Familien oder Verwandten herzustellen - im Falle der alleinerziehenden Mütter auch zu den Vätern der Kinder. Besuche und Gespräche helfen, sich wieder anzunähern und tragfähige Beziehungen aufzubauen.
Doch manchen Jugendlichen mangelt es an Beziehungsfähigkeit und sozialem Geschick, denn oft sind sie ohne stabile Bindung aufgewachsen. Die Herzlichkeit der Mitarbeiterinnen von Zumrad, die zu allen Jugendlichen eine individuelle Beziehung aufbauen, ist ein wichtiger Teil ihres Erfolges. In gemeinsamen Aktivitäten wie Workshops, Ausflügen, Sport, Jugendlagern und lebenspraktischen Kursen wie Kochen erwerben die Jugendlichen weitere Fertigkeiten und werden auf ihr Leben in der Gesellschaft vorbereitet.
Zur Situation
Weil Perspektiven im eigenen Land fehlen, suchen viele Tadschikinnen und Tadschiken eine Arbeit im Ausland. Ihre Kinder bleiben zurück. Im besten Fall können sie zu Verwandten, die sich jedoch oft, zum Beispiel aufgrund des hohen Alters, nicht gut genug kümmern können. Andere Kinder werden in Heimen untergebracht, die meist im schlechten Zustand sind. Die Bauten sind veraltet und im Winter ist oft nur ein einziger Raum beheizt. Das Essensgeld ist knapp bemessen.
Die soziale und emotionale Betreuung der Kinder kommt zu kurz - sie werden eher aufbewahrt als gefördert. Auf ein Leben außerhalb des Heimes werden sie nicht vorbereitet. Nach Abschluss der Schulzeit wissen sie nicht, was ein eigenständiges Alltagsleben bedeutet. Sie werden entlassen und sind auf sich allein gestellt. Dabei treffen sie auf eine Gesellschaft, die Heimabgänger sozial stigmatisiert. Die Gefahr, auf der Straße zu landen, ist hoch. Häufig sind die Kinder den Risiken von Kriminalität, Prostitution, Drogenkonsum und Obdachlosigkeit ausgesetzt.