Migrationsberatung als Schlüssel zur Integration
Lichtenau - Claudia Graß ist Troubleshooterin, Wohnungsscout, Alltagsbegleiterin und Behördenguide: Die studierte Sozialpädagogin arbeitet als Migrationsberaterin für erwachsene Zugewanderte (MBE). Sie half im ersten Halbjahr dieses Jahres gemeinsam mit ihrer Kollegin Martina Menne mit je 20 Wochenstunden 106 Menschen ab 27 Jahren in Rund 600 Beratungskontakten Fuß in Büren und Lichtenau zu fassen. Die MBE unterstützt Zuwanderer bei Fragen des täglichen Lebens, der Sprachintegration und bei der Eingliederung in den Arbeitsmarkt. Damit sorgen sie dafür, dass die Zugewanderten in den Arbeitsmarkt gelangen und sich eine eigene Existenz aufbauen können. Der Erfolg dieser Arbeit gründet auf der intensiven Netzwerkarbeit zwischen den Ausländerbehörden, Sozialämtern, dem Jobcenter und den Ehrenamtlichen. Anlässlich der Aktionswoche für die bundesgeförderten Programme im Bereich Migration und Flucht schauen wir der Caritas-Mitarbeiterin bei ihrer Arbeit über die Schulter.
Kahled Al Majeed ist 35 Jahre alt und stammt aus Deir ez-Zor aus dem Osten Syriens. Er erarbeitet sich Deutsch in Eigenregie, versteht die Sprache inzwischen recht gut, tut sich aber mit dem Sprechen noch schwer. In Lichtenau teilt er sich eine kommunale Gemeinschaftsunterkunft mit Männern aus Marokko, Afghanistan, der Ukraine, dem Irak und Syrien. "Ich möchte unbedingt arbeiten, um auf eigenen Beinen zu stehen, eine eigene Wohnung mieten und meine Familie nachholen zu können. Ich kann noch nicht sehr gut Deutsch, lerne es aber bestimmt besser, wenn ich arbeite", sagt Kahled und wird dabei von Mahmod Gizlan gedolmetscht. Dieser ist 28 Jahre alt und wohnt mit seiner Familie ebenfalls in Lichtenau. Er hat den Deutschkurs bis zum Sprachniveau B2 erfolgreich absolviert und startet im Oktober seine Ausbildung als Busfahrer in Paderborn. Ehrenamtlich begleitet er Claudia Graß regelmäßig und übersetzt für andere Zugewanderte bei den MBE-Beratungsterminen. "Ich weiß ja wie schwer der Anfang hier in Deutschland ist und helfe gerne. So verbessere ich mein Deutsch auch kontinuierlich weiter" sagt der junge Mann augenzwinkernd.
"Der Spracherwerb ist das A & O für die Integration" sagt Graß. "Viele Zugewanderte warten einfach zu lange auf einen Integrationskurs, auch sind die Kurse sind nicht für jeden sofort zu schaffen". Anders als zum Beispiel Englisch und Deutsch gehören Deutsch und Arabisch zu unterschiedlichen Sprachfamilien und seien kulturell sowie strukturell sehr verschieden. Diese Unterschiede beeinflussen nicht nur die Grammatik und den Wortschatz, sondern auch die Art und Weise, wie Sprecher beider Sprachen denken und kommunizieren. "Deswegen tun sich einige Menschen leichter beim Spracherwerb, andere haben mehr Probleme. Tatsächlich ist das von der Sprachbegabung und vom Bildungsstand abhängig und sehr individuell" weiß die Sozialpädagogin.
Gemeinsam haben Claudia Graß, Mahmod Gizlan und Kahled Al Majeed einen Lebenslauf für Kahled verfasst, weil dieser bereits eine Arbeitserlaubnis hat. Vor seiner Flucht nach Deutschland hatte er im Libanon als Monteur von Aluminium- und Glassystemen gearbeitet. Berufserfahrung bei einem Fensterbaubetrieb in Deutschland hat er auch schon gesammelt. Aus dieser Zeit hat er auch Videos, die ihn beim Arbeiten zeigen. Jetzt ist er wieder auf Arbeitssuche, um seinen Wunsch nach Selbstständigkeit zu verwirklichen und Deutschland etwas zurück zu geben.
"In Lichtenau und Büren leben zahlreiche Menschen mit Migrationshintergrund, die gerne arbeiten möchten. Wir müssen die Chance begreifen, die diese Menschen mit ihrem Knowhow angesichts des Fachkräftemangels bieten", wünscht sich Claudia Graß.
Auch wenn aktuell keine Kürzungen in diesem Bereich geplant sind, sorgen sich die Menschen, die in diesem Berufsfeld arbeiten. Abel Akindejoye, der Leiter der Caritas-Beratungsdienste: "Es wäre wünschenswert mehr finanzielle Sicherheit für diese Beratungsarbeit zu haben, da die notwendigen Gelder jedes Jahr neu beantragt werden müssen. Dies ist immer mit der Ungewissheit verbunden, ob und in welchem Rahmen die für die Zugwanderten und die Gesellschaft wichtige Beratung fortgeführt werden kann."
Das Programm wird gefördert durch das Bundesministerium des Innern und für Heimat.